Wer stressige Lebensphasen überstehen, nach beendeter Therapie stabil bleiben oder Schicksalsschläge bewältigen möchte, benötigt vor allem eines – Resilienz. Doch was ist das überhaupt?

Mit Resilienz ist die psychische Widerstandskraft gemeint, die dabei hilft, Niederlagen und Krisen zu meistern. Vielleicht hast du auch schon darüber gestaunt, wie überraschend gut manche Menschen schlimme Ereignisse bewältigen? Während andere an schwerer Krankheit, Tod eines geliebten Menschen oder geplatzten Träumen verzweifeln oder gar zerbrechen, erleiden resiliente Menschen dadurch keinen langfristigen psychischen Schaden, sondern sind danach sogar noch stärker als zuvor.

Ein für mich sehr beeindruckendes Beispiel dafür ist Bethany Hamilton. Die Surferin verlor bei einem Haiangriff ihren Arm. Bereits vier Wochen später stand sie wieder auf dem Surfbrett. Das dramatische Erlebnis konnte sie nicht davon abhalten, sich ihren Traum von einer Profisurfkarriere zu erfüllen. Bei ihr gehe ich von einer sehr hohen Resilienz aus.

Wie Resilienz entsteht

Resilienz ist nicht angeboren, sondern wird während der Entwicklung in früher Kindheit erlernt. Sehr hilfreich dabei ist eine stabile Beziehung zu einer Bezugsperson. Doch auch wenn du vielleicht nicht das Glück hattest, als Kind Resilienz zu erwerben, gibt es eine gute Nachricht: Auch als Erwachsener kannst du noch etwas dafür tun, um deine Resilienz zu stärken.

Resiliente Verhaltensweisen

  • Optimismus: Wie war das doch gleich – gibt dir das Leben eine Zitrone, mach Limonade draus. Oder Tequila? ? Eine optimistische Haltung kann dir jedenfalls helfen, deine Resilienz zu stärken. Denn wer sich diese antrainiert, kann auch in schwierigen Phasen etwas Positives erkennen. Damit meine ich jedoch keinesfalls, sich alles schön zu reden und negative Gefühle zu verdrängen. Wut, Trauer oder Enttäuschung gehören zum Leben und ich halte es für unglaublich wichtig, diese auch bewusst zuzulassen. Wichtig dabei ist nur, sich bewusst zu machen, dass man jederzeit seine Aufmerksamkeit auch auf positive Dinge lenken kann.
    Optimisten und Pessimisten bewerten vor allem die Ursachen von Misserfolgen auf sehr unterschiedliche Weise. Optimisten glauben eher an externe und veränderliche Gründe für ihre Niederlage. Wenn sie zum Beispiel ein wichtiges Arbeitsprojekt vermasseln, neigen sie dazu, die schwierige Aufgabenstellung (extern) oder ihre Tagesverfassung (veränderlich) dafür verantwortlich zu machen. Pessimisten hingegen schreiben einem Misserfolg meist internen und unveränderlichen Ursachen zu. Sie würden das in den Sand gesetzte Projekt beispielsweise mit ihrem fehlenden Talent begründen oder sehen sich selbst als Pechvogel, dem nie etwas gelingen mag. Wer sich bewusst macht, dass er negative Ereignisse eher pessimistisch bewertet, kann dies gezielt verändern. Dann ist auch das Limonadenglas wieder halb voll anstatt halb leer.
  • Selbstwirksamkeit: Manche Menschen glauben nicht daran, ihr Leben verändern zu können. Immer sind andere Personen oder gewisse Umstände schuld an ihrer Misere. Solch eine Opferhaltung bringt einen jedoch so überhaupt nicht weiter. Menschen mit hoher Resilienz sind sich ihrer Selbstwirksamkeit bewusst. Ihnen ist klar, dass sie ihre Realität maßgeblich mitgestalten und suchen die Verantwortung daher bei sich selbst.Manche Schicksalsschläge sind unveränderlich und natürlich nicht an sich beeinflussbar. Du kannst jedoch selbst entscheiden, wie du damit umgehst. Die einen stecken den Kopf in den Sand, verkriechen sich zuhause oder lassen ihren Frust an ihren Mitmenschen aus. Resiliente Menschen hingegen überlegen, wie sich das beste aus der Situation machen lässt. Du kannst deine Selbstwirksamkeit (und somit deine Resilienz) stärken, indem du immer wieder deine Komfortzone verlässt und dich unangenehmen Situationen, also deinem persönlichen Haifischbecken, stellst. Dadurch lernst du, dass du Herausforderungen doch ganz gut meisterst.
  • Sich Hilfe holen: Immer wieder erzählen mir Menschen, dass sie es „alleine schaffen“ wollen, aus einer schwierigen Lebenskrise herauszukommen. Dabei hat das nichts mit Stärke oder Resilienz zu tun. Resiliente Menschen können es sich eingestehen, dass sie Hilfe benötigen. Sie verharren nicht in der Schockstarre, sondern denken und handeln lösungsorientiert. Daher finden sie auch schnell heraus, wo sie Hilfe herbekommen. Denn ihnen ist klar, dass sich mit professioneller Unterstützung bestimmte Erlebnisse besser verarbeiten lassen.Resiliente Menschen holen sich daher Hilfe, zum Beispiel bei einem Psychiater, Psychotherapeuten, Paartherapeuten, in Beratungsstellen, bei Experten für Trauerbewältigung oder in Selbsthilfegruppen.
  • Soziale Kontakte: Einsamkeit macht krank. Soziale Kontakte sind für unsere psychische Ausgeglichenheit und Resilienz unerlässlich. Hierbei spielt jedoch vor allem die Qualität der Beziehungen eine wichtige Rolle. Um Resilienz zu erlangen, kommt es nicht darauf an, einen möglichst großen Freundeskreis zu haben. Ein paar wenige, aber dafür wirklich innige Kontakte sind viel wirksamer. Resiliente Menschen achten darauf, welche sozialen Kontakte ihnen und guttun und welche nicht. Von Personen, die sie nur herunterziehen, halten sie sich fern. Sie verbringen ihre Zeit vor allem mit jenen Beziehungen, die von Wertschätzung und Respekt geprägt sind. Freunde, bei denen du authentisch sein kannst, die mit dir lachen und weinen und sich genauso sehr für dich interessieren wie du dich für sie, sind ideale Voraussetzungen für Resilienz.
  • Selbstfürsorge: Resiliente Menschen gehen achtsam mit sich und ihren Bedürfnissen um. Sie wissen, dass Alkohol, Shopping oder den ganzen Tag Serien gucken nicht geeignet sind, um negative Gefühle zu bewältigen. Ihre Selbstfürsorge sieht eher so aus, dass sie ihre Belastungsgrenzen frühzeitig erkennen und Nein sagen, wenn alles zu viel wird. Resiliente Menschen achten darauf, eine gesunde Balance zwischen Aktivität und Entspannung zu finden. Sie legen genug Pausen ein, gönnen sich Ruhephasen und erwarten von sich keine Höchstleistung, wenn sie in einer schwierigen Phase stecken. Zur Selbstfürsorge gehört es auch, sich bei Bedarf Hilfe zu holen und Entspannungstechniken zu nutzen.

Krisen meistern mit Resilienz

Trennung vom Partner, berufliche Niederlagen oder Krankheiten – Schicksalsschläge können jeden treffen. Sie besser zu überstehen kannst du jedoch trainieren, indem du deine Resilienz stärkst. Dadurch beugst du zusätzlich psychischen Erkrankungen wie Burn-Out oder Depressionen vor. Was hat dir denn bisher in Krisensituationen geholfen? Ich freue mich, im Kommentarfeld über deine Erfahrungen zum Thema Resilienz zu lesen.

16 Kommentare

  1. Hallo Nadja,
    alle Achtung!
    In der Kürze eines Blogbeitrags hätte ich wirklich nicht erwartet, dass du in dieses tiefgreifende Thema so gut einsteigst und praktische Hebel für eine Stärkung von Resilienz herausarbeitest.
    Und Bethany Hamilton ist solch ein mutmachendes Beispiel!
    Sie erinnert mich an den Formel-1-Fahrer Zanardi, der beide Beine verlor und später in einem umgebauten Rennwagen weitere Siege nach Hause fuhr. Ein Beispiel, das ich gern in meiner Coachingarbeit verwende.
    Damit komme ich neben dem großen Lob für dich auch zu einer kleinen Anregung:
    Die Fälle von Hamilton und Zanardi spiegeln für mich eines wieder: Liebe und Leidenschaft für das, was man tief in seinem Herzen fühlt. Bethanys Eltern sind u.a. aus Liebe zum Surfen nach Hawaii gezogen und ich weiß, es fällt einem nicht von heute auf morgen in den Schoss, aber wer seine eigene Leidenschaft findet und für sich die Frage nach dem „Warum“ beantwortet, ist durch nichts mehr aufzuhalten!
    Alles Liebe
    Chris

  2. Das kann ich aus Erfahrung, durchaus unterschreiben. Für Gesunde Menschen sind diese Einfachen Regeln oft schon schwierig umzusetzen. Für Menschen in einer Depression tönen diese Regeln völlig absurd, weil sie sich deren Umsetzung absolut nicht vorstellen können. In meinem Psychologen, mit dem ich zusammen arbeite, arbeite ich trotzdem auch mit diesen Ansätzen. Mit externer Unterstützung sind sie vor allem für Depressive Menschen. der Schlüssel zur dauerhaften Genesung. Tricks und Kurse kann sich natürlich jeder holen, um Motivation und Tipps zu bekommen

  3. Hallo Nadja,

    Ich habe einen einen Artikel zum Thema positive Energie gelesen. Der Artikel listet verschiedene Wege mehr positive Energie ins Leben zu bringen (https://mindmonia.com/de/positive-energie/) – jedoch schreibt er nicht über Resilienz.

    Jetzt wo ich dein Artikel lese, merke ich, dass Resilienz und positive Energie super gut Hand in Hand funktionieren (du hast ja auch den Punkt Optimismus) aufgenommen.

    Das war ein echter Eye Opener für mich.

    Danke.

    • Lieber Julian,
      schön, wenn dich mein Artikel inspiriert hat. Ich freue mich auch immer wieder, wenn ich dazu lernen darf.
      Liebe Grüße
      Nadja

  4. Hallo Nadja,

    Meiner Meinung nach ist Optimismus der Schlüssel dafür, um ein glückliches und zufriedenes Leben führen zu können. Eine optimistische Denkweise wirkt sich positiv auf das gesamte Mindset aus. Dadurch kann man selbst schwierige Lebensphasen mit Leichtigkeit bewältigen und durch die vorhandene Energie die Dinge sogar zum Positiven wandeln.

    Danke noch einmal für diesen thematisch hervorragenden Beitrag, ich freue mich darauf weitere Artikel lesen zu dürfen!

    -Liebe Grüße
    Niels

  5. „Ein Unglück ist es, Unglück nicht ertragen zu können“, sagte ein griechischer Philosoph. Die Alten nannten es die Fähigkeit des Tragen-Könnens, die „Unerschütterlichkeit des Weisen“ – „Resilienz“ würden wir heute sagen. Es ist nicht leicht, bei schweren Schicksalsschlägen die innere Ruhe und Zufriedenheit möglichst schnell wiederzuerlangen, aber wir können es lernen. Und vielleicht gelangen wir sogar eines Tages zur höchsten Stufe der Weisheit, zu der Kunst, „Unglück in Glück zu verwandeln“. Dann haben wir es geschafft, nichts kann uns mehr etwas anhaben.

    • Lieber Rainer,
      ja, ich empfinde das auch als sehr tröstlich, dass man es lernen kann, besser mit dem Unglück umzugehen.
      Hast du da schon Strategien für dich gefunden?
      Viele Grüße,
      Nadja

  6. In der heutigen Zeit ist das Thema Resilienz immer wichtiger. Der Konkurrenzdruck wird größer, was immer häufiger Opfer fordert. Von daher ein schöner Artikel mit Tiefgang. Ich bin der Meinung, dass soziale Kontakte da ein sehr gutes Potenzial bieten:) LG

    • Hallo Niels,
      danke für dein Feedback.
      Stimmt, soziale Kontakte sind natürlich wichtig, um resilient zu sein.
      Liebe Grüße,
      Nadja

  7. Finde den ersten Punkt (zusammen mit positivem Denken) ist ein wichtiger Schritt. Habe so schon mehrere schlimme Phasen in meinem Leben gemeistert.

  8. Hallo Nadja,
    Nelson Mandela hat (vermutlich) auch eine hohe psychische Resilienz. 27 Jahre im Gefängnis haben seinen Willen bezüglich seiner politischen Mission nicht brechen können. Die gute Nachricht ist: wir können Resilienz bis zu einem bestimmten Punkt auch lernen. Klar wird man kein Nelson Mandela, wenn man nicht auch schon die entsprechende Veranlagung hat, allerdings kann man in einem längeren Prozess versuchen, seine „seelische Widerstandskraft“ durch Training zu stärken. Dies gelingt m.E. aber auch nur durch längeres Training und entsprechendes Durchhaltevermögen.
    LG Jochen

  9. Ein wirklich schöner Artikel. Er trifft definitiv den Kern der Sache. Ich selbst hatte in meinem Leben schon einige schwierige Phasen überstanden. Mir persönlich hilft es am Besten draußen zu sein und einfach das Sein an sich zu genießen. Mir meiner eigenen Existenz bewusst zu sein. Ich habe für mich das Angeln als Ventil herausgefunden. Ein sehr vielseitiges Hobby und perfekt zum abschalten. Daher auch meine Seite. Dort versuche ich das Angeln Anfängern näher zu bringen und den Einstieg zu erleichtern.

  10. Finde es wirklich wundervoll einen Blog im Netz zu finden, der sich mit psychischen Gesundheit auseinander setzt. Ich selbst habe viele Höhen und Tiefen in meinem Leben gehabt und habe mich deshalb immer sehr mit der Psychologie befasst. Danke für den tollen Beitrag zur Resilienz, ich freue mich auf weitere schöne Beiträge 🙂

    • Lieber Oliver,
      vielen Dank für deine Worte, freut mich. 🙂
      Welche Strategien nutzt du denn für deine psychische Gesundheit?
      LG,
      Nadja

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