Viele Betroffene von Depressionen oder Angststörungen quetschen mich über meine Erfahrungen in der psychiatrischen Tagesklinik aus. Daher möchte ich meine Erlebnisse auch mit dir hier teilen. Vorab kann ich dir bereits sagen, dass mir der Aufenthalt dort sehr guttat und ich die Entscheidung keinesfalls bereue. Insgesamt war ich drei Monate dort. Falls nötig, würde ich jederzeit wieder in eine Tagesklinik für Psychiatrie gehen. Ob es auch für dich der richtige Weg ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber vielleicht kann dir mein Erfahrungsbericht deine Entscheidung erleichtern.

Wie läuft der Aufenthalt in einer Tagesklinik ab?

Im Gegensatz zu einem stationären Aufenthalt verbringt man in der psychiatrischen Tagesklinik nur den Tag, ohne dort zu übernachten. Dies finde ich sehr praktisch, wenn du zum Beispiel noch zuhause Kinder oder Katzen versorgen musst oder einfach am liebsten im eigenen Bett schläfst. Man geht also morgens in die Klinik und am Nachmittag wieder nach Hause. In der Tagesklinik, die ich besuchte, geht das Programm immer um 8.30 Uhr los und endet um 16.30 Uhr, von Montag bis Freitag. Außerdem gibt es dort Frühstück und Mittagessen.

Nach dem Frühstück beginnt jeder Tag mit einer Morgenrunde. Alle sitzen im Kreis und jeder erzählt reihum, wie es ihm heute geht. Wenn du aber nichts sagen willst, ist es auch okay. Danach stehen unterschiedliche Therapien oder andere Programmpunkte auf dem Plan. Dazu gehören zum Beispiel Einzelkunsttherapie, Depressionsgruppentherapie, Walking, Ergotherapie, Gesprächstherapie, Tanzen, Beratung durch einen Sozialberater, Progressive Muskelentspannung und einige mehr.

Ich höre immer wieder von Patienten, die sich über den vielen Leerlauf in der psychiatrischen Tagesklinik ärgern. Aber mal ehrlich, sieben Stunden Therapie am Stück wären doch ganz schön anstrengend. Ich fand es ganz schön, zwischendurch auch mal durchatmen zu können. Die Zeit habe ich meist genutzt, um zu lesen, spazieren zu gehen oder mich mit anderen Patienten zu unterhalten.

Was mir in der psychiatrischen Tagesklinik gut gefallen hat und was nicht

Natürlich ist nicht jede Therapieform für jeden gleich gut geeignet. Die Frage ist auch immer, inwieweit du dich darauf einlassen kannst. Aber dank des vielseitigen Angebots konnte ich dort einiges über mich selbst erfahren und viele Erkenntnisse und Tipps mitnehmen. Dass ich in der psychiatrischen Tagesklinik die Progressive Muskelentspannung gelernt habe, war zum Beispiel sehr hilfreich. Ich hatte außerdem viele gute Gespräche mit Ärzten und Therapeuten, was zugegebenermaßen auch etwas Glückssache ist, ob die Wellenlänge passt.

Etwas genervt hat mich nur die ewige Diskussion über die Einnahme von Medikamenten. Ich habe mich ganz bewusst dagegen entschieden, ein Antidepressivum zu nehmen. Im Aufnahmegespräch hatte ich mir extra versichern lassen, keine Medikamente nehmen zu müssen. (Nein, ich lehne sie nicht kategorisch ab. Nach sorgfältigem Abwägen der Vor- und Nachteile von Antidepressiva entschied ich jedoch, dass ich das für mich nicht möchte und bisher ging es immer ohne.) Dennoch fühlte ich mich von meiner Ärztin fast bedrängt, welche einzunehmen. Schließlich setzte ich mich durch und bekam auf meinen Wunsch hin Johanniskraut verschrieben.

Fazit psychiatrische Tagesklinik

Im Allgemeinen waren meine Erfahrungen in der Tagesklinik sehr gut. Durch die lange Auszeit konnte ich mich voll auf meine Gesundheit konzentrieren und Kraft tanken. Außerdem wurden mir einige Dinge klar, die ich in meinem Leben ändern muss (zum Beispiel den Arbeitsplatz wechseln). Auch über die vielen praktischen Tipps für den Alltag, von denen ich einige auch heute noch umsetze, bin ich sehr dankbar. Ich setze zwar alles dran, nicht wieder in eine Situation zu kommen, die den Aufenthalt in der Klinik erfordert. Aber ich sehe die psychiatrische Tagesklinik als sehr gute Möglichkeit an, um mich in einer Krisensituation auffangen zu lassen, die ich alleine womöglich nicht bewältigen kann.

17 Kommentare

  1. Hey darf ich mal fragen wo man sich in einer Tagesklinik den ganzen Tag aufhält? Also in dem Leerlauf, der dazwischen ist? Man hat doch kein Zimmer mit einem Bett wie in einem normalen Krankenhaus, oder? Gibt es da sein eine Art Aufenthaltsraum?

    Danke, dass du deine Erfahrungen teilst?
    Alles Liebe,
    Lisa

  2. Hallo Nadja,

    nach einiger Wartefrist ist es bald soweit, dass ich in die Tagesklinik darf. Ich bin sehr gespannt und durch deinen Blog ein wenig beruhigt. Auch bei mir wurden Panikattacken, Angststörungen und Depressionen diagnostiziert. Ich wünsche mir nur einfach, es wird nicht chronisch. Diese Suizidgedanken sind das schlimmste. Vielleicht kann ich lernen, darauf einzuwirken.

    LG Jenny

  3. Hallo Nadja,
    Danke dass du so offen über deine Erfahrungen geredet hast. Ich finde es immer interessant von anderen zu hören.
    Ich würde hier gerne etwas loswerden, ich weiß nicht ob du das jemals lesen wirst, aber ein Versuch ist es wert.
    Folgendes.
    Ich bin 16 Jahre alt und war die letzten Sommerferien in einer Tagesklinik für Kinder und Jugendliche. Da es nur 6 Wochen waren, konnte ich nicht wirklich viel erreichen. Mir wurde eine Depression diagnostiziert und ich konnte meine Selbstverletzung reduzieren.
    Mir ging es mit den Medikamenten ähnlich wie dir. Ich wurde auch quasi dazu gedrängt etwas einzunehmen, habe mich aber immer gewehrt. (mittlerweile nehme ich Escitalopram, auf anraten meines neuen Therapeuten)
    Jedenfalls bin ich jetzt seit ca 7 Monaten in einer Ambulanten Psychotherapie und komme mit meinem Therapeuten sehr gut zurecht.
    Ich gehe in die 11. Klasse und meine Noten sind echt super, allerdings geht es mir in der Schule und auch danach sehr schlecht.
    Ich weiß selbst nicht genau woran das liegt, aber es ist furchtbar. Deshalb hatte ich die Idee wieder in die Tagesklinik zu gehen, um die Schulische Situation ein wenig „zu umgehen“.
    Außerdem habe ich noch 2 Jahre Schule vor mir und so halte ich das nicht durch.
    Daher der Gedanke, okay ich bin zwar in einer Therapie, aber in einer Klinik mal ganz intensiv an meinen Problemen zu arbeiten, bringt vielleicht ein wenig Besserung in kürzerer Zeit, sodass die weiteren Schuljahre „angenehmer“ für mich sind. Soweit so gut. Ich habe schon mit meinen Lehrern alles besprochen, hatte einen Termin in der Klinik etc.
    Geplant war, dass ich im April in die Klinik gehe.
    Jetzt ist alles etwas durcheinander wegen Corona.
    So weit ich weiß, hat die Klinik noch offen, sprich ich könnte vermutlich kommen wie geplant.
    Jetzt habe ich aber große Zweifel.
    Denn momentan muss ich ja nicht in die Schule wodurch es mir etwas besser geht. Ich komme mit dem Lernen super zurecht und hab auch wieder Lust zu lesen oder sowas.
    Ist es also noch gerechtfertigt in eine Klinik zu gehen? Wo ich doch einen Therapeuten habe. Ich will niemandem den Platz wegnehmen und weiß nicht ob es mir schlecht genug geht. Also, ich weiß nicht ob mein derzeitiger „Zustand“ einen Klinik Aufenthalt rechtfertigt.
    Ich meine, ja es geht mir nicht gut, ich habe trotz allem immer mal suizidgedanken und komme mal nicht aus dem Bett, aber es läuft mit dem Lernen und so. Ich komme ja klar quasi.
    Aber dann wäre da der Punkt, dass ich wegen des Virus jetzt mit meinem Therapeuten via Computer kommunizieren muss. Das ist irgendwie nicht das gleiche und ich habe Angst, dass ich so ganz ohne „Betreuung“ nicht klar komme.
    Ich weiß du kennst mich nicht und auch nicht alle Einzelheiten, aber vielleicht verstehst du doch ein bisschen was ich meine.
    Ich bin einfach so unsicher.
    Ich will nichts kaputt machen. Was wenn durch die Klinik alles schlimmer wird?
    Vielleicht hast du ja einen kleinen Tipp für mich.
    Ich danke dir, solltest du bis hier her gelesen haben.
    Lg

    • Hallo Mia, ich bin der technische Administrator. Ich habe deinen Kommentar an Nadja weitergeleitet, sie wird dir bald antworten. VG

    • Liebe Mia,
      bis jetzt lese ich noch alle Kommentare, die auf meinem Blog landen. Falls es mal tausende pro Tag werden, weiss ich zwar nicht, ob ich das noch schaffe. 😀 Aber im Moment geht es noch.
      Erstmal finde ich es super, dass du trotz Depression noch gute Noten schreibst. Das ist sicher nicht einfach. Aber ich rate dir, auf jeden Fall in die Tagesklinik zu gehen. Wenn du einfach nur so zuhause bleibst, ist es eine reine Vermeidung und es hilft dir nicht wirklich weiter, dass es dir besser geht. Mit der Vermeidung ist das immer so eine Sache. Irgendwann wird sie zur Gewohnheit und dadurch fällt es einem immer schwerer, zur Arbeit oder eben zur Schule zu gehen. Ich würde es an deiner Stelle jetzt im April durchziehen mit der Tagesklinik. Depressionen können chronisch werden. Je früher sie behandelt werden, desto besser ist das.
      Dieser Gedanke, ob es einem schlecht genug geht, den haben ganz viele Patienten. Mach dir darüber keinen Kopf! Dir geht es nicht gut, also hast du jedes Recht der Welt, den Platz anzunehmen. Suizidgedanken sind ja auch nicht gerade ein leichtes Symptom. Du nimmst auch niemandem den Platz in der Klinik weg. Früher oder später bekommt jeder einen Platz. Erstmal ist jetzt wichtig, dass du dich um dich kümmerst. Ich finde es aber völlig normal, dass du zweifelst. Die neue Situation macht ja sicher auch ein bisschen Stress oder sogar Angst. Aber dass durch die Klinik alles schlimmer wird, halte ich für unwahrscheinlich. Ich würde es ausprobieren. Vielleicht sind nicht alle Therapien dort das Richtige für dich. Aber ich würde mal schauen, was ich davon mitnehmen kann.
      Brauchst du noch irgendeine Art Tipp von mir? Wofür genau?
      Kannst mir gerne berichten, wie du dich entschieden hast.
      Alles Gute für dich!
      Liebe Grüße
      Nadja

      • Vielen Dank für deine Antwort, das hat mir sehr geholfen!
        Ich denke ich werde es machen, es steht ja quasi schon fest, jetzt hin zu schmeißen wäre wirklich doof. Es wird schon alles werden. Manchmal kommen nur einfach Zweifel auf.
        Danke dir, jetzt fühle ich mich wieder sicherer.
        Vielleicht melde ich mich ja mal wieder.
        Ganz liebe Grüße
        Mia

  4. Hallo Nadja,
    ich finde es echt toll, dass du so offen bist, leider habe ich bis jetzt nur schlechte Erfahrung damit gemacht. Ich bin schon sehr lange in Therapie, zwischendurch ein halbes Jahr arbeiten, da wurde meine Erkrankung wieder schlimmer und auch jetzt arbeitssuchend gemeldet, weil ich Hoffnung hatte das es durch einen neuen Job besser wird:-( . Ich habe heute ein Vorgespräch in einer Tagesklinik, wird es wirklich danach besser?

    • Liebe Jacqueline,
      das tut mir leid. Inwiefern hast du denn schlechte Erfahrungen gemacht?
      Mir persönlich hat die Tagesklinik sehr viel gebracht. Aber es liegt natürlich an einem selbst, inwieweit man sich darauf einlassen und das Gelernte auch im Alltag umsetzen kann. Wenn man an sich arbeitet, kann man gute Verbesserungen erreichen. Aber ganz wichtig: Sei geduldig mit dir. Psychische Erkrankungen brauchen einfach viel Zeit.
      Ich wünsche dir gute Besserung!
      Liebe Grüße
      Nadja

  5. Ich leide auch unter Angst, Panik und Depressionen. Nun wurde mir der Vorschlag gemacht, mich in der Tagesklinik behandeln zu lassen. Ich nehme, obwohl eigentlich auch gegen Antidepressiva, abends Mirtazapin und bei Bedarf Tavor 0,5 mg. Nun habe ich Bedenken, dass ich die Tavor nicht mehr nehmen darf oder das in der Tagesklinik Blut- und Urinproben untersucht werden und man daran erkennt, wie oft ich Tavor nehmen. Bei einer Angst- oder Panikattacke ist es das einzige Mittel, das mir in der akuten Phase hilft. Meine Psychiaterin hat mir diese verordnet, hat aber auf den ÜW-Schein für die Tagesklinik nur das Antidepressiva als Medikation angegeben.
    Ich habe große Angst davor, dass ich die Tablette nicht mehr nehmen darf und falls ich es nicht aushalte, dann die Tagesklinik verlassen muss.
    Ich würde mich freuen wenn ich Antwort erhalte.

    LG

    • Liebe Angelika,
      wieso hast du Angst, dass du Tavor nicht mehr nehmen darfst? Das hat dir ja sicherlich auch ein Arzt aus gutem Grund verschrieben? Die Medikation wird in der Klinik ja mit dir besprochen. Aber vielleicht haben sie ja auch ein anderes beruhigendes Medikament für dich, was ein geringeres Abhängigkeitspotential besitzt? Es gibt ja noch andere gute Möglichkeiten. Auch wenn sie es dir nicht verschreiben und Blutproben entnehmen sollten – es bleibt ja immer noch deine Entscheidung, ob du ein dir verschriebenes Medikament einnimmst oder nicht. Verbieten können sie es dir ja nicht. Alles Gute für dich! LG

    • Lieber Marco,
      naja, ich war davor eh recht häufig krank geschrieben, da es sich mit Panikattacken nicht gut arbeiten lässt. Aber zuhause hatte ich auch nicht das Gefühl, viel für meine Genesung tun zu können. Also dachte ich, dann kann ich auch gleich in die Tagesklinik gehen. Ich war dann eher froh, dass mir geholfen wird.
      LG

  6. Also es war wirklich eine große Überwindung und ich habe lange gebraucht um es endlich durchziehen: Aber die Entscheidung in eine Klinik zu gehen, war sehr wichtig für meine Genesung.

  7. Interessanter Einblick…überlege auch, in eine Tagesklinik zu gehen. Aber wie is das mit dem Arbeitgeber? Man weiss doch nicht vorher wie lange man bleibt, oder? Und sehen die auf der Krankmeldung, in welcher Klinik man ist? Das wollte ich dann doch lieber vermeiden…

    • Liebe Eva,
      bei mir war es so, dass ich eine Krankmeldung bekam, darauf stand als Zeitangabe“bis auf Weiteres“.
      Und es stand auch drauf „Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie“. Ich kann total gut verstehen, dass dir das unangenehm ist. Hatte den Gedanken zuerst auch. Aber irgendwann war es mir egal. Es ging schliesslich um meine Gesundheit.

Kommentiere den Artikel

Bitte gib deinen Kommentar ein
Bitte hier deinen Namen eingeben