Wenn du dir ein Bein brichst oder Zahnschmerzen hast, wirst du vermutlich früher oder später einen Arzt aufsuchen. Bei einer Depression ist es leider gar nicht so selbstverständlich, sich ärztliche oder therapeutische Hilfe zu suchen. Obwohl sie als schwerwiegende Erkrankung zu sehen ist und gravierende Folgen mit sich bringen kann. Unbehandelte Depressionen können zu Arbeitsunfähigkeit, Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags bis hin zum Suizid führen. Außerdem erhöhen Depressionen die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten.

Warum Depressionen oft nicht behandelt werden

Die Gründe, weshalb Menschen mit Depressionen sich nicht (oder erst sehr spät) behandeln lassen, sind vielfältig. Ein Problem ist, dass die Depression oft jahrelang unerkannt bleibt. Einerseits wenden sich depressive Menschen mit ihren Symptomen nicht immer (sofort) an den Hausarzt. Denn entweder kommen sie gar nicht auf die Idee, dass eine Krankheit hinter ihren Symptomen stecken könnte. Oder sie haben Hemmungen, es anzusprechen, da das Thema Depression noch immer mit Vorurteilen behaftet ist. Auch Ärzte erkennen Depressionen nicht immer.

Auch falsche Vorstellungen können depressive Menschen davon abhalten, sich helfen zu lassen. Wie oft höre ich: „Ich bin doch nicht bekloppt“ oder „Ein Therapeut kann mir eh nicht helfen“.

Ein weiterer Grund für eine unbehandelte Depression ist die Angst vor einer Therapie. Sich mit den eigenen Problemen eingehend zu befassen, kann weh tun und aufwühlen. Auch die Angst vor Veränderung kann Ursache für eine unbehandelte Depression sein. Schließlich weiß man nicht, was einen bei der Therapie erwartet. Oft fällt es leichter, mit bereits bekannten Problemen zu leben, als sich auf unbekanntes Terrain zu begeben.

Außerdem führen Depressionen oft zu Antriebslosigkeit, welche es ebenfalls erschwert, sich um eine Behandlung zu kümmern. Hinzu kommt, dass man oft sehr lange auf einen Therapieplatz warten muss. Depressive Menschen, die ohnehin oft mit einer geringen Frustrationstoleranz zu kämpfen haben, lassen sich davon schnell entmutigen.

Was passiert, wenn man Depressionen nicht behandelt?

Einmalige depressive Episoden können sich innerhalb drei bis sechs Monaten tatsächlich spontan und ohne Behandlung zurückbilden. Da man jedoch im individuellen Fall den Verlauf einfach nicht vorhersagen kann, würde ich mich darauf nicht verlassen.

Häufig ist nämlich zu beobachten, dass sich die Symptome einer unbehandelten Depression verstärken. Dies kann so weit führen, bis die Betroffenen arbeitsunfähig sind und sogar alltägliche Dinge wie Körperpflege nicht mehr bewältigen können. Dann ist ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik oft unerlässlich. Bei manchen Patienten führt die unbehandelte Depression auch zu Drogenkonsum, Medikamentenmissbrauch, Selbstverletzung oder gar zum Suizid.

Ohne Behandlung dauert eine Depression meist wesentlich länger. Eine unbehandelte Depression hat das Potential, chronisch zu werden. Je länger die Behandlung hinausgezögert wird, desto geringer sind die Chancen auf eine Heilung. Wird die Depression nicht behandelt, können sich zusätzlich weitere psychische Erkrankungen wie zum Beispiel eine Angststörung entwickeln, was wiederum den Verlauf verkompliziert.

Unbehandelte Depressionen können außerdem eine soziale Isolation mit sich bringen. Denn einerseits ziehen sich depressive Menschen oft zurück. Auf der anderen Seite fällt auch dem sozialen Umfeld der Kontakt mit der depressiven Person oft schwer. Unbehandelte Depressionen sind echte Herausforderungen für Partnerschaft oder Freundschaften. Dabei sind Sozialkontakte insbesondere bei Depressionen sehr wichtig. Da die Einsamkeit die Depression noch verstärkt, entsteht ein Teufelskreis.

Körperliche Auswirkungen einer unbehandelten Depression

Unbehandelte Depressionen können zu tiefgreifenden Veränderungen im Gehirn und anderen Regionen des Körpers führen. So ruft die Depression ein chemisches Ungleichgewicht im Nerven-, Hormon- und Immunsystem mit massiven Auswirkungen hervor, wie zum Beispiel einer Abnahme der Lern- und Gedächtnisleistung, Schlafstörungen und einer erhöhten Anfälligkeit für Infekte.

Depressionen können außerdem das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen. Unbehandelte Depressionen erhöhen das Risiko für Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit und Schlaganfall. Forscher vermuten außerdem einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Krebserkrankungen.

Warum man Depressionen behandeln lassen sollte

Eine unbehandelte Depression wird wie gesagt oft immer schlimmer in ihren Symptomen, kann chronisch werden und lässt sich schwerer therapieren, je länger man damit wartet. Außerdem kann sie die körperliche Gesundheit beeinträchtigen. Je früher eine Depression behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Durch eine zeitnahe Behandlung lässt sich ein Krankenhausaufenthalt oft verhindern.

Für Depressionen gibt es wirksame Behandlungsmöglichkeiten, die von der Krankenkasse übernommen werden. Es besteht kein Grund, sich damit alleine herumzuquälen. Sich helfen zu lassen ist kein Zeichen von Schwäche. Sondern genauso logisch wie der Arztbesuch bei Beinbruch oder Zahnschmerz.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Eine Depression lässt sich durch eine Psychotherapie behandeln. Dazu wendest du dich an einen Psychotherapeuten. Manchmal ist es sinnvoll, die Psychotherapie zusätzlich mit einer Einnahme von Antidepressiva oder anderen Medikamenten zu ergänzen. Hierfür sind Hausarzt oder Psychiater die richtigen Ansprechpartner.

Schwerere Fälle von Depressionen werden in Tageskliniken oder in einem stationären Klinikaufenthalt behandelt.

Unterstützend helfen Sport, das Pflegen von sozialen Kontakten, eine Tagessstruktur, Aufenthalte in der Sonne, Selbsthilfegruppen und Entspannungstechniken.

Fazit unbehandelte Depression

Um körperliche Beeinträchtigungen, einen komplizierten Verlauf und Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden, halte ich es für sinnvoll, sich mit einer Depression so bald wie möglich in eine Behandlung zu begeben. Auch wenn man es während einer depressiven Episode kaum glauben mag – es gibt einen Ausweg. Ja, eine Therapie kann anstrengend sein. Aber sie ist es wert, um wieder am Leben teilnehmen und vielleicht sogar wieder Freude dabei empfinden zu können, oder?

23 Kommentare

  1. Guter Beitrag, wenn auch recht oberflächlich gehalten.
    Was verständlich ist, da man ja ewig drüber schreiben könnte.

    Es gibt noch einen weiteren Teufelskreis oder Punkte, warum man sich keine Hilfe sucht.
    – man fühlt nichts; ohne Leid, kein Antrieb und somit auch kein Grund für Therapie
    – gefangen in der Hilflosigkeit/Sinnlosigkeit macht Hilfe natürlich auch keinen Sinn
    – mangelnder Wille führt auch zu der großen Frage: was will ich? Und diese hemmt wiederum die Arbeit in der Therapie, weil man so gesehen nichts will/wollen kann

    Dabei gibt es so viele unterschiedliche Arten und Stile von Depressionen, worüber auch nicht geredet wird.
    Dieses „klassische“ Bild von Depression, wo man unfähig im Bett liegt tagelang und sich nicht einmal waschen kann ist nur eines davon.
    Es gibt auch sämtliche Abstufungen von Hochfunktionalität. Man kann auch depressiv sein und Arbeiten.
    Man kann auch depressiv sein, Arbeiten, Freunde regelmäßig sehen, Sport treiben und Co.
    Es gibt kein Schwarz-Weiß und das muss so langsam bei der Gesellschaft ankommen!

  2. Liebe Nadja, ein wirklich guter Beitrag, der ganz sicher dem ein oder anderen hilft.
    Ich denke, der Hauptgrund für eine unbehandelte Depression ist die Schwierigkeit, sich helfen zu lassen oder vielleicht auch das runter Reden.
    Ich meine damit das es vielen Menschen mit Sicherheit nicht leichtfällt, zu einem Psychiater zu gehen. Andere sagen vielleicht, es ist gar keine Depression, weil es ja nicht so schlimm sei.
    Ich denke, der Klassiker ist alles in sich hineinzufressen und sich selber damit kaputtzumachen.
    Das Thema ist viel ernster und verbreiteter als manch einer denkt.
    Ich finde es gut, dass du so offen darüber redest.

  3. Also ich kenne von meinem Freund, seine EX-Frau hatte Epilepsie und Depression. Sie hatte auch mal Selbs Mord versucht. Mit und ohne Schwangerschaft. Das Medikament hatte viel Depressionen gemacht und mein Freund wollte nicht mehr zusammen leben und dann haben die sich geschieden. Sie hinterlassen bei der Ehe zwei Kinder.

    Diese Blog-Seite werde ich jedem Empfehlen. Vielen Dank.

    Beste Grüße

  4. Danke dafür. Das Thema ist eindeutig wichtig und wird viel zu wenig in unserer Gesellschaft behandelt. Grade die Behandlungsmethoden (Antidepresiva oder natürliche Mittel wie Safran oder ähnliches) sind für das Ausmaß noch viel zu unbekannt. Wir sind gespannt und freuen uns über weitere Beiträge 🙂

  5. Hallo liebe Nadja!
    Ein wirklich sehr schöner Beitrag zu dem Thema. Ich beschäftige mich (leider?) schon länger mit diesem Thema, da meine Partnerin unter Depressionen, Panikattacken, Borderline usw. gelitten hat und nach wie vor leidet.
    Um Ihr besser helfen und verstehen zu können, grabe ich mich heimlich durch jegliche Literatur die Ich finden kann.

    Es ist komplizierter als man das im ersten Moment denkt. Früher war ich sehr negativ gegenüber Depressionen und vor allem Selbstmorden eingestellt, da ich als kleiner Junge früh in der Familie damit konfrontiert wurde.

    Jetzt nimmt es mich immer noch sehr mit aber auf eine andere Art und Weise und ich setze alles daran, dass Ich meiner Partnerin dabei helfen kann…oder wenigstens unterstützen kann. Glücklicher Weise erhält Sie schon professionelle Hilfe und Unterstützung und ist gut auf die Medikamente eingestellt. 🙂

    LG,
    Tim

  6. Ich finde den Artikel hervorragend und finde es klasse, dass das Thema Depression ernst genommen und behandelt wird. Ich selbst litt jahrelang unter Schlafstörungen und innerer Unruhe. Ich wusste nie warum, bis der Facharzt mich dann über Depressionen aufgeklärt hatte. Ein sehr großes Problem ist, dass sich Depressionen im Laufe einer Schlafstörung oftmals weiterentwickeln. Daher war es für mich am Anfang sehr schwer zu verstehen, ob Depressionen die Ursache oder Folge von Schlafstörungen sind. Schwierig ist es deswegen, weil die Depression dann unabhängig von der Schlafstörung weiter bestehen bleibt. Zudem treten auch andere schwerwiegende Symptome auf. Vor allem Schlafstörungen können auch andere Ursachen und Folgen haben. Ein gesunder Schlaf ist enorm wichtig – auch zur Vorbeugung von Depressionen. Unterstützend zur ärztlichen Behandlung gibt es viele Möglichkeiten, Schlafprobleme natürlich zu behandeln. Wertvolle und nützliche Informationen und Tipps rund um das Thema Schlaf und Schlafstörungen werden auf der Seite https://www.schlafstoerungs-system.de/ vorgestellt.

    Es war eine sehr harte Zeit, daher möchte auch ich ausdrücklich erwähnen, dass Depressionen umgehend behandelt werden sollten und möchte mich nochmals für diesen tollen Beitrag bedanken!

    • Lieber Eckert,
      danke für deinen Kommentar.
      Stimmt, das ist leider ein Teufelskreis. Schlafprobleme und Depressionen beeinflussen sich gegenseitig. Hast du beides mittlerweile in den Griff bekommen?
      Liebe Grüße,
      Nadja

      • Liebe Nadja,

        danke für deine Antwort. Mittlerweile habe ich beide Beschwerden im Griff und bin sehr froh darüber. Das funktionierte aber nur dadurch, dass ich dauerhaft mein Lebensstil und meine Einstellung positiv verändert habe. Wie du bestimmt auch weißt, gibt es keine Wundermittel gegen solche Erkrankungen – dauerhafte Gegenwirkung und Vorbeugungsmaßnahmen sind der Schlüssel zum Erfolg, denn nur so können Ruckfälle vermieden werden. Ein rechtzeitiger Arztbesuch ist ebenfalls sehr wichtig. Depressionen sollten ernst genommen werden.

        Ich bin fest davon überzeugt, dass du mit diesen tollen Beiträgen vielen Menschen helfen wirst, psychische Störungen zu verstehen, zu reduzieren und zu vermeiden.

        Nochmals einen herzlichen Dank.

        Liebe Grüße
        Eckert

      • Lieber Eckert,
        vielen Dank für das Lob. 🙂
        Stimmt, ein Wundermittel gibt es nicht. Aber es gibt viele Wege und Strategien, die einem hefen können, sofern man sich auf den Weg macht und sie für sich nutzt. Was hat dir denn geholfen?
        Viele Grüße,
        Nadja

  7. Toller Artikel. Viele wollen es ja nicht wirklich eingestehen, dass sie eine Depression haben oder schämen sich dafür. Dabei haben Ärzte Schweigepflicht. Ich finde nicht, dass man sich dafür schämen müsste.

    • Lieber Stefan,
      ja, das ist ein großes Problem, dass viele es sich nicht eingestehen wollen oder schämen. Dabei ist eine frühe Behandlung so wichtig.
      LG

  8. Hatte auch ne lange Zeit ne Depression mit mir rumgetragen und gedacht ich bekomme es alleine hin. Hat leider nicht geklappt

    • Ich war vor kurzem mit einem Mann zusammen der Depressionen hat 2014 sind wir zusammen gekommen er war vorher in der Klinik für 3 Monate und hatte auch zu dem Zeitpunkt Antidepressiva genommen als wir zusammen kamen hat er das Antidepressiva abgesetzt 2000 15 bin ich zu ihm gezogen 2016 hat er sich von mir zurückgezogen und konnte mir nicht erklären warum er ist geschieden und hat drei Kinder seine Kinder liebt er abgöttisch und kann sie in den Arm nehmen bei mir ging das nicht, fühlte mich einsam. Wollte helfen aber es ging nicht.Haben beide sehr darunter gelitten. er schob es immer oft seine Depressionen habe ihm angeboten uns gemeinsam Hilfe zu holen dies wollte er aber nicht vorige Woche hat er dann mit mir Schluss gemacht. Er sagte er könne nicht mehr

      • Liebe Ramona,
        das tut mir sehr leid mit der Trennung. Depressionen sind immer auch eine große Belastung in der Beziehung leider. Aber ich finde, du hast das Richtige getan, da du ihm angeboten hast, gemeinsam Hilfe zu holen. Mehr kannst du nicht machen. Wenn er das nicht will, ist es natürlich schade. Wie gehst du nun um mit der Situation?
        Liebe Grüße,
        Nadja

  9. Hatte auch mal eine Zeit wo ich den Depressionen nahe war aber zum glück ohne externe Hilfe überwunden !
    Aber es ist immer besser sich frühzeitig um einen Arzt zu bemühen !

      • Liebe Nadja
        Danke für die Nachfrage.
        Mir fällt es sehr schwer es geht mir irgendwie nicht ganz in den Kopf das unsere Beziehung zu Ende ist. Ich habe für ihn damals alles aufgegeben und bin von Hamburg nach hier gezogen. Mein Sohn ist in dieser Zeit zu meinem Ex Mann gezogen weil mein jetziger ex Freund nicht mit ihm klar kam. Ich war immer für ihn da und habe mich total vergessen. Jetzt habe ich gemerkt die Freunde die wir hatten haben sich alle von mir abgewandt. Jetzt stehe ich das erstemal in meinem Leben ganz alleine da. Ausser meine Familie. Aber ich werde langsam wieder unter Menschen wieder gehen und dann mal schauen.

      • Traurig, dass sich deine Freunde abgewandt haben. Vielleicht ist doch noch ein klärendes Gespräch möglich? Ich würde es zumindest versuchen.
        Wieder unter Menschen zu gehen ist aber auch ein guter Plan.
        Alles Gute für dich! 🙂

  10. Hallo und vielen Dank für diesen interessanten Beitrag zum Thema Depression, es ist eine äußerst wichtiges Thema von den sehr viele Menschen betroffen sind. Die meisten Menschen wollen es einfach nicht wahr haben das sie Depression haben und sich dringend behandeln müssen.

    • Lieber Grote,
      das stimmt wohl, dass sich manche nicht behandeln lassen, da sie sich ihrer Depression gar nicht bewsst sind.
      Liebe Grüße,
      Nadja

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