Die Grübelei, die viele Patienten mit Depressionen regelmäßig erleben, können einen wahnsinnig machen. Bei mir geht es dabei oft um nur ein einziges Thema und wie der Name Gedankenkarussell bereits sagt, drehe ich mich dabei ständig im Kreis. Das heißt, am Ende der Gedankengänge habe ich ja doch keine Lösung und alles beginnt wieder von vorne. Neben der Tatsache, dass einem die Grübelei also so überhaupt rein gar nicht weiterbringt, ist sie darüber hinaus noch sehr belastend. Höchste Zeit also, das Gedankenkarussell zu stoppen:

  1. Gedanken aufschreiben

Ein Tagebuch kann dir dabei helfen, den Kummer regelrecht von der Seele zu schreiben. Durch das Reflektieren der eigenen Gedanken und Gefühle entsteht oft eine Klarheit. Auch wenn sie deine Probleme vielleicht nicht lösen kann, kann sie dir dabei helfen, dein Tief besser zu überstehen. Manche Dinge können wir auch nie (oder nicht in absehbarer Zeit) ändern. Durch die Konfrontation fällt es uns jedoch leichter, sie zu akzeptieren. Wenn du nicht gerne schreibst, kannst du deine Gefühle auch auf Tonband aufnehmen.

  1. Beobachterrolle einnehmen

Mir hilft es auch sehr gut, wenn ich die Rolle eines Beobachters einnehme, wie wenn ich mein eigenes Verhalten von außen ansehen würde. Wichtig dabei ist, die Situation nicht zu bewerten, sondern einfach neugierig zu betrachten: „Aha, das Gedankenkarussell ist wieder da. Interessant. Schauen wir mal, wann es uns schwindlig wird.“ Wenn du es schaffst, das Ganze von außen zu sehen, nimmt es dir das Gefühl des Ausgeliefertseins. Weil du dann spürst, dass in dir auch noch andere Anteile stecken als diese kleinen Nervensägen von quälenden Gedanken.

  1. Zeitlich begrenzte Grübelerlaubnis

Okay, die Grübelei ist lästig und natürlich willst du sie so schnell wie möglich wieder loswerden. Doch je mehr du das Gedankenkarussell stoppen möchtest, desto stärker scheint es zu werden. Dann gebe dir doch selbst eine ganz offizielle Grübelerlaubnis. Allerdings mit Zeitlimit. Stell dir den Wecker und setz dich hin, um dich total bewusst und voller Motivation dem Gedankenkarussell hinzugeben (deine Gedankenmonsterchen werden ganz schön dumm gucken, wenn du plötzlich auf der Party mitfeierst, meinst du nicht?). Es macht auch Sinn, die bewusste Grübelzeit mit Tipp 1 (Gedanken aufschreiben) zu kombinieren. Ist das Zeitlimit abgelaufen, kannst du noch ein kurzes Fazit schreiben, zu welchem Ergebnis du gekommen bist. Gibt es keines, dann ist es auch völlig in Ordnung und du vertagst das Ganze. Die Grübelzeit ist ja jetzt erstmal vorbei!

  1. Nimm die Gedanken nicht zu ernst

Bei manchen Herausforderungen des Lebens ist es natürlich sinnvoll, sich ausführliche Gedanken zu machen. Zum Beispiel wenn eine große Entscheidung ansteht oder ein Konflikt gelöst werden muss. Das Gedankenkarussell lässt jedoch selten konstruktive Ideen zu. Bei mir herrscht dann immer totale Endzeitstimmung. Erst wenn es mir wieder bessergeht, kann ich auch andere Perspektiven einnehmen, die das Problem oft relativieren. Ich kann dir daher nur raten, dir klarzumachen, dass du die Grübelei bei Depressionen nicht allzu ernst nehmen solltest. Die Gedanken sind eben da, wie ein störendes Radio, das sich nicht mehr ausschalten lässt. Aber erkenne sie nicht als Wahrheit an.

  1. Achtsamkeit

Durch ihre Einfachheit wirken Achtsamkeitsübungen auf den ersten Blick manchmal banal. Dennoch sollten sie nicht unterschätzt werden, denn sie eignen sich wunderbar, um das Gedankenkarussell zu stoppen. Ich ertappe mich oft genug dabei, über die Zukunft nachzudenken oder vergangene Momente, anstatt im Hier und Jetzt zu sein. Doch wo findet denn das Leben statt, wenn nicht in der Gegenwart? Eine meiner Meinung nach sehr schöne Übung gegen turbulente Karussellfahrten in der eigenen Gedankenwelt ist der Bodyscan. Dabei werden Körperempfindungen bewusst wahrgenommen, ohne sie zu werten.

  1. Das Gehirn herausfordern

Irgendwo las ich mal, dass es bei Grübelei helfen soll, eine Matheaufgabe zu lösen. Ich war nie gut in dem Fach und hätte daran vermutlich wenig Freude. Aber ich denke es macht Sinn, das Gehirn herauszufordern durch irgendeine Tätigkeit, die deine volle Aufmerksamkeit erfordert. Wir können uns nicht intensiv auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren. Wer also eine knifflige Matheaufgabe oder vielleicht ein Kreuzworträtsel/Sudoku löst, KANN sich gar nicht mit den Quälgeistern der doofen Gedanken befassen. Auch kreative Tätigkeiten sind dafür geeignet, das Gedankenkarussell zu stoppen. Mir hilft zum Beispiel schreiben.

  1. Sich mit nahestehenden Menschen austauschen

Zugegeben, ich habe auch manchmal Angst, dass meine Gedanken womöglich zu düster oder verrückt sind und meine Mitmenschen irritieren könnten. Trotzdem halte ich es für sehr erleichternd, sie mit einer nahestehenden Person zu teilen. Durch die Perspektive von anderen erhältst du neue Denkansätze. So wird das Gedankenkarussell leichter unterbrochen. Wenn du gerade niemanden zum Reden hast (oder deine Gedanken nicht teilen möchtest), kannst du die Übung übrigens auch nur in deiner Vorstellung mit einem imaginären Freund durchführen. Ob es diese Person wirklich gibt oder sie deiner Phantasie entspringt, spielt keine Rolle. Frag dich einfach, was würde Person X dazu sagen (eine Elfe oder wen auch immer du als Inspirationsquelle sehen magst) und höre ihr zu.

So, ich hoffe, dass dir der ein oder andere Tipp von mir weiterhilft, um dein Gedankenkarussell zu stoppen. Falls du mir verraten möchtest, welche Strategie du für dich selbst anwendest, freue ich mich über deinen Kommentar.

23 Kommentare

  1. EIn wirklich sehr hilfreicher Artikel. Ich erwische mich im Alltag leider viel zu oft dabei über Dinge zu grübeln, über die ich eigentlich gar nicht so oft nachdenken sollte.
    Ich versuche es zu vermeiden, aber das ist ja irgendwie einfacher gesagt als getan.
    Ich werde auf jeden Fall jeden einzelnen Tipp ausprobieren und hoffe das hilft. Vor allem die Gedanken aufschreiben stelle ich mir sehr logisch vor. Vielleicht denkt man beim Aufschreiben noch mal etwas mehr darüber nach und klärt es auch gleichzeitig in diesem Schritt.

    Wir werden sehen, aber vielen Dank schon mal für den Input. Das ist wirklich ein toller Blog.

  2. Hallo Nadja,

    vielen lieben Dank für den Beitrag. Ich habe schon seit einigen Jahren dieses Gedankenkarussel da mir immer wieder Sachen passieren, wo ich mich frage warum nur… Ich werde deine Tipps mal befolgen, mal schauen was passiert.

    Liebe Grüße
    Lena

  3. Hi Nadja,

    ich bin über deinen Blog gestolpert weil ich auch seit längerem nicht aus einem Gedankenkarussell aussteigen kann. Ich bin schon froh, dass ich mittlerweile weiß, dass es sich um ein Gedankenkarussel handelt. Ich habe sogar ab und zu ein kurzes Herzrasen bekommen wenn diese Gedanken wieder hochkamen. Es hat sich dann aber schnell wieder gelegt. Wie kann ich rausfinden ob dies bereits eine Panickattacke ist?
    Einem anderen User (Wolfgang 30. September 2019 At 12:28) empfiehlst du die „EFT Methode“ Weißt du ob dies bei ihm geholfen hat?

  4. ich finde die Idee, das Hirn anzustrengen total gut! Denn das lenkt gut ab und macht (zumindest mich) müde. Funktioniert nur leider nicht immer.
    hast Du einen Tipp, wie man sich tagsüber bereits gute Gedanken oder Ähnliches zurecht legen kann, damit man es nachts dann zur Verfügung hat?

    • Hallo Assi,
      wie wäre es denn mit einem Glückstagebuch? Darin kann man sich alle positiven Momente, die man so erlebt, notieren. Wenn du das Buch auf dein Nachtkästchen legst, kannst du darin lesen, wenn du nachts nicht schlafen kannst. Du könntest auch abends vor dem Einschlafen in Gedanken den Tag Revue passieren lassen und dir überlegen, was gut gelaufen ist/schön war. Dann schläfst du gleich mit positiven Gedanken ein.
      Liebe Grüße
      Nadja

  5. Hey,

    wirklich toller Blogbeitrag. Ich erwische mich regelmäßig dabei, wie ich im Gedankenkarussel festhänge. Und das in allen möglichen Situationen (Arbeit, Freizeit usw.)

    Manchmal kann ich deswegen auch nicht einschlafen, weil sich meine Gedanken immer schneller kreisen.

    Mal schauen ob mir die Tipps in deinem Blog weiterhelfen könnte. LG

  6. Ich habe auch oft Situationen an denen ich mir an manchen Tagen pausenlos Gedanken mache. Mal sehen ob mir deine Tipps in deinem Beitrag helfen können ein bisschen entspannter zu werden 🙂

  7. Einige sehr schöne Anregungen sind da im Text.
    Punkt 2 ist ja schon fast „masterclass“ und braucht viel Übung.
    Bei mir funktioniert Punkt 6, „Das Gehirn herausfordern“ recht gut.
    Dazu mache ich zum Beispiel:
    – Einen Text verfassen mit mindestens 1.500 Wörtern
    – Ein aufwändiges Essen kochen
    – Ein Spiel spielen
    Also alles, wobei ich mich auch fokussieren muss.
    Das funktioniert bei mir normalerweise nach spätestens 10 Minuten.

    • Liebe Nina,
      stimmt, die Beobachterrolle einzunehmen ist nicht unebdingt einfach. Wenn man es jedoch mal geschafft hat, dann geht es immer besser, finde ich.
      Spiele spielen ist auch ne super Idee. Man muss sich konzentrieren und es macht sogar Spaß. Danke für den Tipp.
      Liebe Grüße,
      Nadja

      • Hallo.
        Ich bin gar nicht sicher ob mein Kommentar hier richtig ist.
        Ich bin auf der Suche nach Lösungen für meine blöden Gedanken.
        Ich bin eigentlich ein sehr positiver und fröhlicher Mensch.
        Habe seit 20 Jahren eine tolle Beziehung/Ehe.
        Leider hatte ich als ca 19 Jähriger eine für mich unangenehme Erfahrung mit Sexualität.Ich war betrunken und schäme mich dafür seit dem Tag.
        Diese ist nun ca 30 Jahre her und die Gedanken daran verschwinden einfach nicht. Bis lang mal einmal im Jahr vielleicht.
        Doch jetzt wo ich Ende Vierzig bin , kreisen diese negativen Gedanken immer öfter und anhaltender.
        Mit meiner Frau möchte ich darüber nicht sprechen. Sie sagt auch sie möchte nix von vor unserer Beziehung wissen, das wäre Vergangenheit.
        Das hier und jetzt zählt.
        Ich befürchte auch das es eh mehr Schaden würde als mir helfen.
        Wie kann man dieses Erlebnis nur verarbeiten und warum noch 30 Jahre später. Man steigert sich dann immer mehr in die Gedanken.
        Angst der Beziehung zu schaden, wenn ich es doch sagen würde.Unwohl sein verschwindet immer langsamer.
        Ich habe in einer Woche einen Termin bei meiner Hausärztin.

      • Lieber Wolfgang,
        dein Kommentar an dieser Stelle ist völlig in Ordnung.
        Ist eigentlich ziemlich normal, dass so ein Erlebnis nicht aus den Gedanken verschwindet, wenn man es nicht gut verarbeiten konnte.
        Dass du zum Hausarzt wolltest, finde ich eine gute Idee. Was hat er den gesagt?
        Ich denke, dass dir ein Psychotherapeut helfen könnte, besser mit dem Erlebnis klarzukommen und vielleicht auch einen anderen Blickwinkel dafür zu bekommen. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit der EFT Klopftechnik gemacht. Die hilft sehr gut, um Emotionen wie zB Scham besser zu bewältigen. Vielleicht findest du ja einen Therapeuten, der sowas anbietet?
        Alles Gute für dich!
        LG

  8. Hallo Nadja, danke für deinen tollen Blogartikel! Ich finde das Thema rund um Gedanken sehr wichtig.

    Tatsache ist, dass es vielen Menschen so geht und oft unternehmen sie dagegen nichts. Es wird dann wie zur gewohnheit.

    Vielen Menschen ist es überhaupt nicht bewusst wie wichtig mentale Gesundheit für ihr Leben ist und oft merken sie es erst zu spät um sich um ihr Wohlbefinden zu kümmern.

    Danke, dass du versuchst anderen Menschen zu helfen!

    • Lieber Thomas,
      danke für deinen lieben Kommentar!
      Ja, das beobachte ich auch öfter, dass gerade die psychische Gesundheit von einigen vernachlässigt wird.
      Liebe Grüße,
      Nadja

  9. Ich gehöre (leider) auch zu den Menschen, die nach einem Ereignis dazu neigen sehr viel und sehr lange darüber nachzudenken.
    Ich bin sehr dankbar für diese Tipps.
    Besonders die Tipps Nr. 1, 2, 3 und 5 empfand ich als hilfreich. Etwas aufschreiben und sich eine Zeit fürs „Grübeln“ zu geben, die man nicht überschreiten darf, kann viel positives bewirken.
    Bei mir hat dieses ständige Nachdenken wohl zu meinem heutigen kreisrunden Haarausfall geführt. Ich kämpfe zurzeit gerade
    (Anmerkung der Redaktion: Werbung entfernt)

    • Lieber Hairtutor,
      freut mich, wenn dir meine Tipps helfen.
      Bist du parallel auch in Therapie? Wachsen die Haare wieder nach?
      Liebe Grüße,
      Nadja

  10. Punkt 2 finde ich gut und hilft mir in Situationen, in denen ich meine Emotionen nicht genau einordnern und/oder kontrollieren kann. Wenn ich dann quasi von außen wie ein Beobachter herantrete und betrachte, was die Emotionen genau in mir auslöst, hilft mir das, wieder Herr über meine Emotionen zu werden und die ganze Situation besser einordnen zu können.

    • Hallo Enrico,
      danke für deine Erfahrungen. Es ist immer sehr gut, wenn man weiss, wie man sich selbst aus emotional schwierigen Zuständen herausholen kann.
      Liebe Grüße

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