Immer wieder höre ich von Leidensgenossen, dass es ihnen schwerfällt, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Die Antriebslosigkeit einer Depression oder die Angst vor einer weiteren Panikattacke machen es oft schwer, das Haus zu verlassen. Hinzu kommt bei vielen die Angst vor etwas Neuem oder sich zu blamieren. Ich kann dir dennoch ans Herz legen, es einfach mal auszuprobieren, dich an eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe zu wenden. Vor allem dann, wenn dich die Warterei auf einen Therapieplatz bereits zermürbt oder du nur wenige Menschen zum Reden hast. Aber auch wenn du in Therapie bist und ein gutes soziales Umfeld hast, kann sich der Kontakt zu einer Gruppe mit Leidensgenossen lohnen. Denn:

Hier triffst du endlich Menschen, die dich verstehen. Im eigenen sozialen Umfeld ist es oft nicht einfach, über Depressionen oder eine Angststörung zu sprechen. Vielen Nichtbetroffenen fällt es schwer, sich in unsere Situation hineinzuversetzen und versuchen uns mit gutgemeinten, aber oft nicht hilfreichen Ratschlägen aufzumuntern. Bereits einfachste Aufgaben des Alltags nicht mehr zu bewältigen behalten viele Patienten aus Scham lieber für sich. In einer Selbsthilfegruppe triffst du jedoch andere Betroffene, denen es ganz genauso geht wie dir. Die dir nicht sagen, dass du dich einfach nur zusammenreißen musst. Sondern die dir zuhören und Verständnis für deine Lage haben. Endlich verstanden zu werden und zu sehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist, fühlt sich ungemein erleichternd an.

Teil einer Gemeinschaft sein

Psychische Erkrankungen bringen immer die Gefahr mit sich, zu vereinsamen. Weil sich vielleicht Freunde abwenden, du lange krankgeschrieben bist oder gar keine Lust mehr hast, unter Menschen zu gehen. Dabei sind soziale Kontakte unglaublich wichtig für unsere psychische Stabilität. Eine Selbsthilfegruppe ist die ideale Gelegenheit für psychisch Erkrankte, um wieder in Kontakt mit anderen Leuten zu kommen. Denn dort bist du in einem geschützten Rahmen. Alle Teilnehmer sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Wenn du eine Selbsthilfegruppe besuchst, bist du Teil einer Gemeinschaft. Sie gibt dir neue Impulse, wenn dir zum Beispiel andere Betroffene erzählen, wie sie ihren Alltag mit ihren psychischen Problemen meistern. Die Gruppe bestärkt und motiviert dich, deinen Weg zu finden. Steckst du in einer Krise, fängt sie dich auf. Und du fühlst dich wertgeschätzt, wenn du mal nicht kommen kannst und gefragt wirst, was los ist. Eine Selbsthilfegruppe kann dir daher einiges geben, was du auf deinem Weg zur psychischen Ausgeglichenheit benötigst.

Angehörige entlasten

Wenn du Familienmitglieder, Freunde oder einen Partner hast, die dich bei deinen psychischen Problemen unterstützen, ist das sehr wertvoll. Für die Angehörigen kann der Umgang mit uns jedoch auf Dauer sehr anstrengend sein. Der Besuch einer Selbsthilfegruppe entlastet die Beziehung zu deinen Liebsten. Sie gibt dir einen Raum, dein Leid zu klagen und verstanden zu werden. Außerdem kommst du gestärkt und mit besserer Laune nach Hause.

Mein Fazit zu Selbsthilfegruppen

Okay, vielleicht hast du Bedenken und fragst dich, ob dir die Leute in der Gruppe überhaupt sympathisch sind oder ob sie dich mögen werden. Das wirst du nur herausfinden, wenn du es dir anschaust. Falls dir die Gruppe nicht zusagen sollte, hast du immer noch die Freiheit, dich dagegen zu entscheiden. Ich würde dir jedoch raten, ein paar Sitzungen zu besuchen. Denn auch eine Selbsthilfegruppe muss erst zusammenwachsen und du das Vertrauen zu den Teilnehmern aufbauen. Wenn es dann immer noch nicht stimmig sein sollte, kannst du dich immer noch an eine andere Gruppe wenden oder andere Wege gehen, die für dich besser geeignet sind. Aber ich finde, ein Versuch ist es wert.

9 Kommentare

  1. Ich stimme deinem Fazit absolut zu. Man kann es erst herausfinden, wenn man es eben ausprobiert,
    Wobei ich sagen muss, dass ich die Menschen, die sich unsicher sind, absolut verstehe. Viele schämen sich schließlich auch. Ich finde jedoch, man sollte es trotzdem versuchen. Meistens ist es schließlich so, dass Reden mit Anderen, die ähnliche Probleme haben, Wunder bewirken kann.

  2. Hi Nadja, gerade der Punkt, dass man sich ein neues Umfeld schafft, mit Leuten die sich alle entwickeln wollen und gegenseitig motivieren ist super wichtig. Veränderung ist beinahe unmöglich wenn sich das Umfeld nicht verändert. Aber durch ein neues Umfeld ändert man sich dann beinahe automatisch.
    Deswegen ändern sich ja auch viele Leute so extrem wenn sie ein Jahr im Ausland sind oder Schule wechseln oder was auch immer…
    Sehr coole Beitrag 🙂 Danke dafür!

    • Lieber Gustav,
      freut mich dass Dir mein Artikel gefällt.
      Da hast du recht mit dem Umfeld. Ein Umzug kann manchmal auch einiges bewirken.
      Liebe Grüße,
      Nadja

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